2011-08-03

COMPACT-Editorial: Ein Volk – Ein Reich – Ein Euro

hs. Eine gelungene Einleitung zur spannenden neuen Ausgabe des Compact-Magazins. Resümee: Ist das Modell der Schweiz nicht eine bessere Alternative zum Heiligen Römischen Reich EU-Nation?


Jürgen Elsässer in der Augustausgabe des Monatsmagazins COMPACT



Ein Auszug:

(…)

Aber wenn die EU keine Demokratie ist, wie soll man sie dann bezeichnen? Zwei plakative Begriffe beherrschen die Diskussion. Die EU-Kritiker von rechts benutzen die Formel von der EUdSSR, die von links sprechen vom 4. Reich – beide modifizieren also die Kennzeichnungen für ihre jeweiligen Erzfeinde in der Vergangenheit. Während EU-Opposition in Mittel- und Westeuropa praktisch nur noch von rechts kommt, nachdem sich die Linke von Brüssel hat verdummen oder kaufen lassen, sieht man auf Plakaten in Athen und Lissabon oft ein Gleichheitszeichen zwischen EU-Sternenbanner und Hakenkreuz. An dieser Antifa-Symbolik erkennt man, dass immerhin die starken griechische und portugiesischen Kommunisten noch am Widerstand gegen die EU festhalten.

Tatsächlich ist das Etikett EUdSSR auf den ersten Blick plausibler, da die Brüsseler Kommissare wie die früheren Moskauer agieren. Eine Wirtschaftsjunta, die den Mitgliedstaaten Produktionszahlen, CO2-Mengen, Mindestlöhne und Steuersätze vorschreibt  – was ist das anderes als Politbüro und Kommandowirtschaft? Andererseits springt ein maßgeblicher Unterschied zur UdSSR  ins Auge: Der ökonomische Imperativ des sozialistischen Systems war die Verstaatlichung, während die Brüsseler Kommissare die Entstaatlichung vorantreiben. Die Mitgliedstaaten werden gezwungen, ihr Tafelsilber an die internationale Finanzelite zu verkaufen. Schon heute gehört der Hafen von Piräus zur Hälfte den Chinesen, und die Aufsicht haben – wie die Blockade der Gaza-Flotte zeigt – die Israelis.

Der Hinweis auf das 4. Reich wirkt überzogen, wenn dieses als Reprise des 3. Reiches verstanden  wird. Den blassen Eurokraten fehlt der rassistische Messianismus der Nazis, und falls sie überhaupt einer Ideologie folgen, so ist das der Multikulturalismus. Durch die Brüsseler Vorschriften zur Deregulierung wird die Gesellschaft heutzutage nicht mehr formiert, sondern atomisiert: Statt einer gleichgeschalteten Volksgemeinschaft entsteht eine amorphe Masse aus identitätslosen Solitronen, die sich von den Konzernmedien und den a-sozialen Netzwerken nach Belieben umpolen lassen.  Immerhin: Facebook hat mehr Mitglieder als die HJ und verbindet in durchaus ähnlicher Weise Ringelpietz mit sozialer Kontrolle.

Der Reichs-Vergleich inspiriert jedoch, wenn er nicht auf das 3., sondern auf das 1. bezogen wird – auf das Heilige Römische Reich („deutscher Nation“) von 919 bis 1806. Dieses Imperium war, anders als das der Nazis, kein gleichgeschalteter Block, sondern ein recht amorphes Gebilde, es gab zum Beispiel keine Hauptstadt. Wie die EU war es ein Vielvölkerstaat, zerrissen zwischen verschiedenen Stämmen und Sprachen und ständig durchzogen von feudalen Fehden. Dezentralisierung und Kompetenzwirrwarr machten die Herrschaft aber nicht erträglicher, sondern nur willkürlicher. Wer sich das als erste nicht mehr länger bieten ließ, waren die Schweizer unter Wilhelm Tell. (…) // 
Sie jagten die fremden Vögte zum Teufel....

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